
Schizophrenie
Schizophrenie und wahnafte Störungen
Schizophrenie – eine Erkrankung mit vielen Gesichtern
Schizophrenie kann das Denken, Fühlen und Erleben stark verändern. Betroffene nehmen manchmal Dinge wahr, die andere nicht sehen oder hören, oder sie entwickeln Überzeugungen, die für andere schwer nachvollziehbar sind. Auf dieser Seite erfährst du, was Schizophrenie bedeutet – und wie Unterstützung und Behandlung helfen können.
-
Schizophrenie und wahnhafte Störungen gehören zu den schwereren psychischen Erkrankungen.
Sie verändern das Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Handeln oft tiefgreifend.
In Deutschland erkranken etwa 1 % der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens an einer Schizophrenie.
Die Erkrankung kann in verschiedenen Formen auftreten und unterschiedlich schwer verlaufen – von einzelnen Episoden mit vollständiger Genesung bis zu chronischen Verläufen mit wiederkehrenden Symptomen.Ein verbreitetes Missverständnis ist die Annahme, Schizophrenie bedeute eine „gespaltene Persönlichkeit“. Es geht nicht darum, zwei Persönlichkeiten in einem Körper zu haben. Der Begriff beschreibt vielmehr, dass Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen manchmal „auseinanderfallen“ – sie sind nicht mehr so miteinander verbunden wie bei Gesunden.
Die Erkrankung tritt oft in Schüben auf. Zwischen den akuten Phasen können Betroffene wieder relativ stabil sein, brauchen aber häufig Unterstützung, um ihren Alltag zu strukturieren und Rückfällen vorzubeugen.
-
Die Entstehung von Schizophrenie ist komplex. Heute geht man davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenwirken:
Genetische Veranlagung: Wenn nahe Verwandte betroffen sind, ist das Risiko erhöht.
Biologische Veränderungen: Bestimmte Botenstoffe (z. B. Dopamin) im Gehirn sind in den Schüben oft verändert.
Psychosoziale Belastungen: Stress, Traumata, Isolation oder starker Leistungsdruck können Auslöser sein.
Substanzkonsum: Drogen wie Cannabis, Amphetamine oder Kokain können eine Schizophrenie begünstigen oder verschlimmern.
Es gibt nicht die eine Ursache, sondern ein Zusammenspiel von innerer Anfälligkeit (Vulnerabilität) und auslösenden Faktoren (Trigger).
-
Die Erkrankung beeinflusst viele Lebensbereiche:
Soziale Kontakte: Misstrauen und Rückzug führen oft zu Einsamkeit.
Beruf und Ausbildung: Konzentrationsschwierigkeiten, fehlende Belastbarkeit und Krankheitsphasen erschweren Arbeit.
Alltag: Struktur und Selbstversorgung (Einkaufen, Haushalt) fallen schwer.
Freizeit: Viele verlieren Interessen, wirken passiv oder „wie abwesend“.
Finanzen: Krankheitsbedingte Ausfälle können zu finanziellen Problemen führen.
-
Das innere Erleben ist oft schwer zu beschreiben. Betroffene berichten von:
Gedanken, die „laut“ werden, sich fremd anfühlen oder von außen beeinflusst scheinen.
Stimmenhören: Die Stimmen können freundlich, aber auch sehr bedrohlich sein.
Veränderte Wahrnehmung: Farben, Geräusche oder Bewegungen wirken intensiver oder verzerrt.
Gefühlsveränderungen: Gefühle können übersteigert oder ganz abgeschaltet wirken.
Entfremdung: Manche fühlen sich selbst oder die Umgebung „unwirklich“ (Depersonalisation / Derealisation).
Für Außenstehende wirken diese Erfahrungen manchmal bizarr – für die Betroffenen sind sie in dem Moment real.
-
Rückfälle lassen sich nicht immer verhindern, aber deutlich verringern, wenn man gut auf sich achtet:
Regelmäßige Medikamenteneinnahme (nach Absprache mit dem Arzt)
Fester Tagesrhythmus: Schlaf- und Essenszeiten einhalten
Frühwarnzeichen dokumentieren (z. B. im Symptomtagebuch)
Krisenplan erstellen: Wer wird informiert? Welche Medikamente oder Kliniken helfen?
Stressabbau: z. B. durch Entspannungsübungen, Sport, Gespräche
Verlässliche Bezugspersonen: Regelmäßiger Austausch mit Familie, Freunden, Therapeuten
-
Ein Rückfall kündigt sich oft Tage oder Wochen vorher an. Typische Signale:
Unruhe, Schlaflosigkeit
Misstrauen, Reizbarkeit
Konzentrationsschwierigkeiten
Gedankenrasen oder Grübeln
Rückzug und Vermeidung sozialer Kontakte
Wiederkehr von Stimmen oder Wahnideen
Frühwarnzeichen sind sehr individuell – es lohnt sich, sie gemeinsam mit Behandlern aufzuschreiben.
-
Die Behandlung besteht meist aus mehreren Bausteinen:
Medikamente: Antipsychotika dämpfen Wahn, Halluzinationen und Unruhe. Es gibt moderne Präparate mit weniger Nebenwirkungen, auch Langzeit-Depot-Spritzen.
Psychotherapie: Hilft, die Krankheit zu verstehen, Ängste abzubauen und Strategien für den Alltag zu entwickeln.
Psychoedukation: Schulungen für Betroffene und Angehörige, um Symptome und Frühwarnzeichen zu erkennen.
Ergotherapie und Soziotherapie: Training von Alltagsfähigkeiten, Unterstützung bei Behördenangelegenheiten.
Kreative Therapien: Musik-, Kunst- oder Bewegungstherapie können helfen, Gefühle auszudrücken.
-
Familien sind oft stark mitbetroffen. Sie erleben plötzliche Veränderungen, müssen mit Misstrauen, Rückzug oder aggressivem Verhalten umgehen. Das kann Angst und Schuldgefühle auslösen.
Hilfreich sind:
Offene Gespräche: Auch über eigene Belastungsgrenzen.
Informationen zur Erkrankung: Angehörigengruppen oder Psychoedukationskurse besuchen.
Entlastung organisieren: SpDi, ambulante Hilfen oder Selbsthilfegruppen einbinden.
Selbstfürsorge: Eigene Bedürfnisse nicht vergessen.
-
Frühzeitig handeln: Je schneller Hilfe kommt, desto leichter lässt sich ein Schub abfangen.
Hausarzt oder Psychiater kontaktieren – oder in einer psychiatrischen Ambulanz vorsprechen.
Vertrauensperson einbeziehen: Manchmal braucht es Unterstützung, um Hilfe anzunehmen.
Krisendienst oder SpDi anrufen: Viele Regionen haben Notfallnummern.
Sich selbst ernst nehmen: Gefühle und Beobachtungen dokumentieren, nicht abtun.
Notfall-Hinweis
⚠️ Bei akuter Suizidgefahr:
Notruf 112 oder Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 (kostenlos, rund um die Uhr)